Wein für Jedermann

Geruch / Blume
Eine vornehmlich grüne Nase mit Grassilage und feuchtem Heu, was schnell abnimmt und trockeneren Gerbstoffen Raum bietet; dazu gesellt sich eine Idee von abgebranntem Streichholz. Das Schwenken bringt neben wenigen Schweißnoten vor allem unangenehm scharf-stechend Säuerliches hervor, Zum Glück nimmt dies ab, bis fast nur noch jene letzten Noten aus der ersten Nase wieder zum Vorschein kommen. Schön ist trotzdem anders.

Geschmack / Mundgefühl
Sehr trocken vor dem Einziehen der Luft. Man ist fast geneigt, jene Luft anzuhalten, denn wer weiß, was da jetzt kommt nach dieser zweiten Nase... Und genau so sauer wie befürchtet geht es auch los, essig- nicht zitronensauer. Bäh. Aber da muss man durch, und ist man durch, wird der Campo Llano gefälliger, das Saure nimmt an Präsenz stark ab, das Volumen dafür zu, und der angeätzte hintere Gaumen beginnt, sich zu beruhigen - doch es bleibt weiter scharf. Und der Zahnschmelz wird nicht in Mitleidenschaft gezogen, jedenfalls nicht spürbar. Gar eine feine Süße stellt sich ein, es geht nicht mehr so arg trocken zu, die extrem hölzernen Tannine begleiten fast angehnehm. Kein Körper wäre gelogen. Das Volumen wird größer mit der Zeit.
Die - zum Glück mäßig - verbliebene, klietschige Säure ist weiter wenig angenehm. Pelz oder Belag bleiben aus.

Abgang / Nachgeschmack
Wenig Abgang, wenig Text dazu, denn es drängt, Folgendes aufschreiben zu müssen: Auf der Zungenspitze hat man jetzt das 1A-Gefühl vom Kojak-Lollie! Es wird kirschig-süß, und auch nur dort! Genau so, wie wenn man so'nen Lollie zu lange mümmelt. Das Bild ist derart deutlich vor Augen, es muss genau so in Worte gefasst werden. Schon fast wieder gut.
Darüber hinaus wenig im Nachgeschmack, wieder mehr herb-grünlich. Weitere Oxidation bleibt aus - und der Lollie bleibt auf der Zungenspitze.

Fazit
Egal, was von von diesem Wein hält: DIE Verkostung hat es mal in sich gehabt! Was für eine Achterbahn, würgen inkl. Aber ist man angekommen, war's in Summe nicht so derb wie vor der Fahrt befürchtet (um im Bild zu bleiben). Eine zweite Fahrt allerdings schenkt man sich ganz bestimmt, zumal für den Original-Preis von satten 6,99€ (8,99€ zuvor).
Aber ein Cabernet-Sauvignon? Wenn ja: Was ist denn da passiert? Eine Schüppe Koks ins Fass, angezündet und mit Essig zu löschen versucht?? Monastrell hätte ich blind getippt... jedenfalls zum Beginn des jeweils ersten und zweiten Verkostungs-Abschnittes.
Zum Glück hat sich der Wein jeweils knapp gefangen. Das im Moment des Entstehens dieser Buchstaben immer noch lollig-Süße auf der Zungespitze ist abschließend echt das Merkwürdigste der letzten Monate, was es bei Verkostungen zu berichten gab.
Ganz zum Schluss bleibt nur noch Scharfes, Scharfes, das verhindert, dass auch nur ein Bier oder ein Glas Wasser nach was anderem schmeckt als "scharf" - so geht die Plörre in die Kanalisation - leider zu spät, um den Abend noch zu retten in Sachen Geschmack.